Posttraumatische Belastungsstörung - PPZ

Posttraumatische Belastungsstörung

weibliches Opfer

Definition

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definierte 1991 ein Trauma als kurz- oder langanhaltendes Ereignis oder Geschehen von aussergewöhnlicher Bedrohung mit katastrophalem Ausmass, die nahezu bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde.

Historisches

Schon vor der modernen Psychiatrie im 18. Jahrhundert (Pinel, Esquirol) existierten Berichte über psychische Reaktionen bei Trauma. Im Tagebuch des Zeugen des Londoner Grossbrandes Samuel Pepys (1666) wurde das Verhalten traumatisierter Menschen beschrieben. Da Costa (1871) bezeichnete die Kampfreaktion von Soldaten im amerikanischen Bürgerkrieg als «psychovegetatives Syndrom». 1889 schuf Janet den Begriff «L‘automatisme psychologique» für die Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung (Dissoziationen, traumatische Erinnerungen als sensorische Wahrnehmung, Affekte und Reinszenierung). Oppenheim führte 1888 die Begriffe «soldier´s heart» und «traumatische Neurose» ein. Der Begriff «Schreckneurose» stammt von Kraepelin aus dem Jahr 1899. Mott und Southard publizierten 1919 über neurologische und psychologische Auswirkungen kriegsbedingter Traumata. Den Ausdruck «shell shock» kreierte der englische Arzt Myers 1940 für die posttraumatische Belastungsstörung von Soldaten im Krieg. Die Alliierten nannten die Krankheit «bomb shell disease» oder auch «shell shock».

In der ersten Version des statistischen diagnostischen Manuals der amerikanischen psychiatrischen Gesellschaft (DSM-I) von 1952 wurde die psychische Reaktion auf ein Trauma als «gross stress reaction» bezeichnet. Im DSM-II (1968) und der Internationalen Klassifikation Psychischer Störungen der WHO ICD-8: «transient situational disturbance», DSM-III (1980): «posttraumatic stress disorder». In der Version IV und der aktuellsten Version 5 des DSM sowie im ICD-10 hat sich der Begriff «Posttraumatic stress disorder» (PTSD) etabliert.

Symptome

Das Störungsbild der PTSD zeigt sich in Form von sich aufdrängende, belastende Gedanken und Erinnerungen an das Trauma (Intrusion), Erinnerungslücken (Bilder, Alpträume, Flashbacks, teilweise Amnesie), Übererregungssymptome (Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, vermehrte Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen).

Weitere Symptome sind Vermeidungsverhalten (Vermeidung traumaassoziierter Reize), emotionale Taubheit (allgemeiner Rückzug, Interessenverlust, innere Teilnahmslosigkeit). Es wird im Allgemeinen ein kurzdauerndes Trauma/Einzeltrauma (Vergewaltigung, Überfall, Geiselnahme, Verkehrsunfall, Flugzeugabsturz, Erdbeben oder andere Naturkatastrophen, unerwarteter Tod eines Angehörigen/Freundes) von einem langdauernden Trauma/mehrfach Trauma (Sexueller Missbrauch in der Kindheit oder Ehe/Partnerschaft, Folter, Kriegserlebnisse, langdauernde Geiselhaft) unterschieden.

Die Erfahrung von lebensbedrohlichen Situationen ist alltäglich. In Deutschland berichtet ein Viertel der Männer und jede fünfte Frauen von mindestens einem grossen traumatischen Ereignis. In den USA ist die Lebenszeit-Erfahrung bei fast 90 %. Die Entwicklung einer PTSD ist unter anderem von der Art des Traumas abhängig (50% nach Vergewaltigung, 25% nach anderen Gewaltverbrechen, 20% bei Kriegsopfern, 15% bei Verkehrsunfallopfer, 15% bei schweren Organerkrankungen (Herzinfarkt, Krebs).

Diagnose

Die Diagnosekriterien der PTSD sind nach DSM-5: A) Stresskriterium, Ereignis: Bedrohung des Lebens, der körperlichen Integrität; Reaktion: Angst, Hilflosigkeit, Grauen. B) Permanentes Wiedererleben des traumatischen Ereignisses. C) Dauerhaftes Vermeiden der spezifischen Reize. D) Angst, bzw. erhöhtes Erregungsniveau. E) Dauer mindestens 1 Monat. F) Erhebliches Leiden oder Young man with hands clasped togetherBeeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Bereichen.

Weitere Merkmale der PTSD sind Schuldgefühle, überlebt zu haben. Phobische Vermeidung von Situationen oder Aktivitäten (Erinnerung, Symbolisierung). Konflikte in zwischenmenschlichen Beziehungen, wie Ehekonflikte, Scheidung, Verlust des Arbeitsplatzes. Verminderte affektive Schwingungsfähigkeit, selbstschädigendes und impulsives Verhalten, dissoziative Symptome, somatische Beschwerden, Gefühle der Insuffizienz, Scham, Verzweiflung oder Hoffnungslosigkeit.

Neurobiologie der PTSD

Psychobiologische Vorgänge sind bei der PTSD Übererregung des vegetativen Nervensystems (Adrenalin), Überaktivierung der Hypothalamus-Hypophysen (Hirnanhangsdrüsen)-Nebennierenrinde-Achse (Kortisol), Störung des Hirnbotenstoffs Serotonin, Störung der körpereigenen Morphine, Funktionsstörungen des verbalen Gedächtnisses. Störung der Schilddrüsenhormone, Gedächtnisveränderungen (Deklaratives, «verbally accessible memory», autobiografisches Gedächtnis, VAM, Non-deklaratives, «situationally accessible memory» SAM, Träume, die auf Trauma bezogen sind, Flashbacks).

Therapie

Die Therapien der posttraumatischen Belastungsstörung beinhalten medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten sowie psychologische Ansätze in Form von Psychotherapie, Soziale Interventionen und juristische Beratungen.

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